Im Rahmen des Geschichtsunterrichts der 11. Klassen durften unsere Schüler eine ganz besondere Erfahrung machen: Die Historikerin Dr. Zoya Fiedler, Enkelin von Adolf und Amalie Reinhardt, die in der NS-Zeit aus ihrem Dorf vertrieben und im KZ ermordet wurden, besuchte am 06.05.2025 die DSP und berichtete über ihre Familiengeschichte – und brachte den Unterrichtsstoff damit auf eine sehr persönliche Ebene.
Dr. Fiedler wurde 1945 in Leicester als Kind einer jüdischen deutschen Mutter und eines kommunistischen deutschen Vaters geboren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog sie ab 1948 nach Ost-Berlin, wo sie Geschichte studierte und später als Lehrerin sowie Professorin tätig war. Ihre familiäre Vergangenheit ist geprägt von Vertreibung, Verfolgung und Überlebenskampf während der Nazi-Zeit.
Der Vortrag, der sich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Jahr 1945 erstreckte, veranschaulichte eindrucksvoll, wie eng das Leben ihrer Familie mit dem sozialen und ökonomischen Gefüge ihres Heimatdorfes verbunden war. Besonders bewegend waren die Schilderungen darüber, wie ihr Großvater, ein Veteran des Ersten Weltkriegs, nie geglaubt hätte, Opfer des Nationalsozialismus zu werden. Ebenso schilderte Frau Dr. Fiedler die Ereignisse rund um die Progromnacht am 9. November 1938: Die Nachbarn und Geschäftspartner nutzten die Gelegenheit, um Schulden bei der Familie Reinhardt loszuwerden und deren Besitz zu rauben.
"Diese sehr konkrete Auseinandersetzung mit der Geschichte der Familie Reinhardt macht das Thema NS für unsere Schüler greifbar und persönlich und ist deshalb so wertvoll", erklärte Geschichtslehrer Dirk Lehnert nach der Veranstaltung. "Gerade hier in Peking haben wir nur selten die Möglichkeit, solche Gespräche zu führen, weil die Auseinandersetzung mit dem Thema NS hier notwendig theoretisch bleibt".
Unsere Schüler hörten gebannt zu, zeigten großes Interesse und waren während der 90-minütigen Veranstaltung hochkonzentriert. Das Gespräch mit Frau Dr. Fiedler hat ihnen nicht nur historische Fakten vermittelt, sondern auch einen Einblick in die individuelle Betroffenheit während dieser dunklen Zeit gewährt.